Am Freitag, 9. Juni 2023 fand im Kloster Engelberg zum dritten Mal das Engelberger Kolloquium «Judikative im Dialog» statt. Das Engelberger Kolloquium setzt sich zum Ziel, den Austausch zwischen Wissenschaft, Anwaltschaft und den Gerichten zu aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung und zu den Grundlagen der Entscheidfindung zu fördern und in einem angemessenen Rahmen einen kritischen wie auch konstruktiven Dialog zu ermöglichen.
Nachdem sich das 1. Kolloquium (2018) mit den Richterwahlen und das 2. Kolloquium (2019) mit dem Thema der Rechtsprechungsänderung beschäftigten, widmete sich das 3. Kolloquium dem Begriff der «bewährten/herrschenden Lehre».
Gemäss Art. 1 Abs. 3 ZGB hat das Gericht in seiner Urteilstätigkeit bewährter Lehre und Überlieferung zu folgen. Doch was heisst das genau? Welche Bedeutung hat die bewährte Lehre in der heutigen Rechtsprechung und welche Rolle spielt sie bei der Entscheidfindung? Ist die (bewährte) Überlieferung der gewichtige Faktor in der Rechtsprechung, ohne Rückgriff auf die Rechtswissenschaft? Und wenn dem so ist, wie reagieren die «Rechtsgelehrten» darauf? Wie gehen Gerichte mit der kaum mehr überblickbaren Menge an rechtswissenschaftlichen Textproduktionen um und wie steht es mir der wissenschaftlichen Unabhängigkeit solcher Textproduktionen?
Diese und weitere Fragen wurden am 3. Engelberger Kolloquium von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesgerichts, der kantonalen Gerichte sowie der Rechtswissenschaft und der Anwaltschaft diskutiert. Für die Diskussion massgeblich sind die Chatham House Rules. Diese ermöglichen eine freie und offene Diskussion und fördern den kritischen Gedankenaustausch.