Das Schicksal von Friedrich Amstutz

Ein Gespräch über die Geschichte von Justiz, Psychiatrie und Vormundschaft in Obwalden

Bis Anfang der 1980er Jahre konnten gegen Kinder und Jugendliche sowie gegen Erwachsene sog. «Fürsorgerische Zwangsmassnahmen» angeordnet werden. Solche Zwangsmassnahmen bedeuteten teils schwere Eingriffe in das Leben und die Freiheit sowie Selbstbestimmung der Betroffenen. Dazu gehörten auch «administrative Versorgungen» inPsychiatrien oder Strafanstalten, ohne dass die betroffene Person eine Straftat begangen hatte. Es reichte aus, dass sie gegen die damaligen «gesellschaftlichen Normen» verstiess. Da das Verfahren meist nur wenig geregelt und der Rechtsschutz gering ausgestaltet war, konnte man sich als Betroffener gegen solche Massnahmen kaum (erfolgreich) rechtlich zur Wehr setzen. Das Ermessen der verantwortlichen Behörden (Vormundschaftsämter, Gerichte und Psychiatrien) war zudem gross.

In den letzten Jahren wurde dieses dunkle Kapitel in der Geschichte der Schweiz allmählich aufgearbeitet. Der ehemalige Bundesrichter Niccolò Raselli hat mit seinem kürzlich erschienen Buch, «Friedrich Amstutz – Ein Innerschweizer Leben in den Fängen von Psychiatrie und Justiz», einen ersten, wichtigen Beitrag zur historischen Aufarbeitung dieser Versorgungspraxis im Kanton Obwalden geleistet. Er erzählt darin die Geschichte eines Menschen in Engelberg, der als «unbequemer Zeitgenosse» rasch in die Disziplinierungsmühlen der damaligen Fürsorgepraxis in Obwalden geriet.

Ausgehend von dieser rechtshistorischen Untersuchung möchte das Obwaldner Institut für Justizforschung (IJF) an der Universität Luzern im Rahmen eines öffentlichen Gesprächs die Geschichte des Vormundschaftswesens und der administrativen Versorgungspraxis sowie das Zusammenwirken von Justiz, Psychiatrie, Politik, (Land-) Wirtschaft und Tourismus untersuchen und diskutieren.

5. Dezember 2023
19:15 bis 20:15 Uhr

Engelsaal des St. Josefshauses in Engelberg

Gesprächsteilnehmer:

  • Niccolò Raselli, ehem. Bundesrichter und Autor des Buches «Friedrich Amstutz – Ein Innerschweizer Leben in den Fängen von Psychiatrie und Justiz»,

  • Prof. Dr. Michele Luminati, Ordinarius für Rechtsgeschichte an der Universität Luzern sowie geschäftsführender Direktor des Obwaldner Instituts für Justizforschung,

  • Mike Bacher, MLaw, Forschungsmitarbeiter und Rechtshistoriker an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern,

  • Dr. Silvan Schenkel, Geschäftsführer des Obwaldner Instituts für Justizforschung und Postdoc an der Universität Luzern.

Der Anlass ist öffentlich. Es ist keine Anmeldung erforderlich. Im Anschluss findet ein Apéro im St. Josefshaus statt.